Das deutsche Gesundheitssystem im internationalen Vergleich

12. Eppendorfer Dialog zur Gesundheitspolitik zeigt: Deutsches Gesundheitssystem lediglich Mittelmaß

Beim 12. Eppendorfer Dialog steht das deutsche Gesundheitssystem unter internationaler Perspektive zur Diskussion. Unser Gesundheitssystem gilt seit Bismarck als Vorbild eines leistungsfähigen und solidarisch getragenen Versorgungssystems. Seit einigen Jahren mehrt sich jedoch Kritik – das Gesundheitssystem steht immer wieder in der Diskussion. Wie können wir trotz demografischen Wandels und sozioökonomischer Veränderungen ein solidarisches Gesundheitssystem aufrechterhalten? Was können wir von anderen lernen? Können Modelle wie in Holland, Großbritannien oder den USA als Vorbild dienen, oder ist Deutschland bei allen Vorbehalten ein Vorbild für andere Länder?

Referenten

Wo steht das deutsche Gesundheitssystem?

Auf die Frage, aus welchem europäischen Land Deutschland lernen soll, hat Prof. Reinhard Busse eine unbequeme Antwort: „Ist ganz egal, alle machen etwas besser.“ Seine kritische Position untermauerte der assoziierte Forschungsdirektor des European Observatory on Health Systems and Policies, Prof. Dr. med. Reinhard Busse, so: Im aktuellen Eurobarometer der Europäischen Union, das Bürger zur Qualität der Gesundheitssysteme befragt, liege Deutschland mit 86 Prozent knapp über dem EU-Schnitt – aber deutlich unter der Zufriedenheit von Belgien (97 %), Österreich (95 %) oder Finnland (94 %). Der europäische Gesundheitskonsumenten-Index EHCI stufte Deutschland gar von Rang sechs auf Rang 14 ab, was in der öffentlichen Diskussion als Degradierung eines Spitzenreiters in die Mittelmäßigkeit gleich kommt – ein alarmierender Leistungseinbruch. Busse räumt ein, dass eine Reflektion der öffentlichen Stimmung allein nicht repräsentativ sei. „Natürlich brauchen wir passende Indikatoren, um die Gesundheitssysteme vergleichbar zu machen.“

Harte Kritik am deutschen Gesundheitssystem polarisiert

BVDD-Präsident Dr. Michael Reusch hält dagegen: „Wir haben ein hohes Leistungsniveau im deutschen Gesundheitssystem und für jeden einen schnellen Versorgungszugang – ganz anders als in anderen EU-Ländern. Ein Deutscher wäre in England extrem unzufrieden.“ Für den Hamburger Dermatologen sind die Vergleichsindikatoren verzerrend und damit die Daten in vielen Bereichen nicht repräsentativ. Einen Klärungsversuch über die Regulierungen unterschiedlicher Gesundheitssysteme unternimmt die versierte Gesundheitsökonomin Prof. Mirella Cacace. Sie stellt fest, dass eine hybride Steuerungsform sehr viel besser auf die Herausforderungen reagieren kann. „Deutschland hat eine hohe Leistungsfähigkeit, aber es mangelt an Effizienz.“

Hitzige Debatte um deutsches Gesundheitssystem

Selten wurde beim Eppendorfer Dialog zur Gesundheitspolitik derart hitzig debattiert wie beim diesmaligen Vergleich der Gesundheitssysteme. Feststellbare Unterschiede in Niveau und Wachstum von Indikatoren der Lebenserwartung und der Mortalität erlauben angesichts der komplexen Beziehungen zwischen den Input- und Outcome-Indikatoren offenbar nicht den schnellen Rückschluss, ein Land verfüge grundsätzlich über ein besseres Gesundheitssystem als ein anderes. Helfen könne vielleicht eine evidenzbasierte Gesundheitspolitik, die mit Lernkurven aus den Erfahrungen anderer Länder arbeitet, um in Deutschland bessere Ergebnisse für das Gesundheitssystem zu erzielen.

Flyer zur Veranstaltung

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